Presse: „Ortsrat kämpft für seinen Dorfplatz“ – HAZ – Carina Bahl – 19.05.2017
Entwicklungsplan „Kirchhorst 2040“ beantragt / Ein Großprojekt bekommt schon jetzt grünes Licht
Kirchhorst. Es sind zwei Themen, die sich theoretisch im Weg stehen – in der Praxis aber Begeisterung in Kirchhorst auslösen sollen: der Dorfentwicklungsplan und das private Großprojekt Dorfplatz. Einstimmig schickte der Ortsrat am Mittwochabend den Wunsch in Richtung Rat, einen Dorfentwicklungsplan mit Bürgerbeteiligung und unter fachkundiger Begleitung eines externen Büros auf die Beine stellen zu dürfen. Wo soll Kirchhorst wachsen? Was wünschen sich die Bürger mit Blick auf ihre Landschaft, Wirtschaft, Kultur, Integration, soziale Infrastruktur und Bildung? Gemeinsam soll aus Kirchhorst heraus ein Leitbild für die nächsten 20 Jahren formuliert werden. „Jeder darf Wünsche äußern, aber hat keinen Anspruch auf Erfüllung“, machte Ortsbürgermeister Herbert Löffler (SPD) klar. „Es geht darum, eine Orientierungshilfe zu schaffen.“ Bereits 1983 hatte es einen Entwicklungsplan gegeben. „Nicht alles wurde umgesetzt, aber bei den Siedlungen ist es genauso gekommen“, sagte Löffler.
Grundsatzbeschluss gab es nie
Die weitaus strittigere Frage betraf das Großprojekt Dorfplatz, das ein Unternehmer an der Steller Straße neben dem Feuerwehrhaus plant: eine Gastronomie mit einem Saal, der kostenlos von Vereinen und Institutionen genutzt werden soll, eine kleine Ladenzeile und so eine neue Dorfmitte – Begehrlichkeiten, die es in Kirchhorst seit Jahren gibt. Der Knackpunkt: Um das Vorhaben zu finanzieren, möchte der Unternehmer auf der Fläche dahinter ein Wohngebiet – auch mit Mehrfamilienhäusern und barrierefreien Wohnungen – entwickeln. Er hat die Fläche bereits gekauft und würde den Bau der Gastronomie bei Bedarf vorziehen. Die Verwaltung hatte in ihrer Vorlage auf einen Grundsatzbeschluss des Rates verwiesen, auf der grünen Wiese nur kommunales Bauland zu entwickeln – um Preise, Vergabe und Auswirkungen steuern zu können. „Nein, wir haben den Beschluss nicht gefunden“, räumte Bauamtsleiterin Heike Uphoff auf Nachfrage ein. Es habe sich wohl eher um ein Prinzip gehandelt, das bei Baugebieten stets angewandt wurde. Immer? „Nein, es gab Ausnahmen“, musste Uphoff auch dies bestätigen. Sogar die Fläche direkt gegenüber des Dorfplatzes sei privat entwickelt worden und habe so den Supermarkt ermöglicht. Der Ortsrat zeigte sich verärgert über die Vorlage. „Da hat die Verwaltung sehr eigenständig interpretiert, was die Politik wollte“, hielt Ulrich von Rautenkranz (FDP) fest. „Um genau zu sein, sind die zwei wichtigen Punkte falsch“, kritisierte Christian Possienke (FDP). „Wir marschieren in die gleiche Richtung“, versuchte Uphoff zu beruhigen. „Auch die Verwaltung unterstützt das Projekt fürs Dorf.“
Als Ausnahme an den Start
Einstimmig sprach sich der Ortsrat dafür aus, das Grundstück an der Steller Straße als Freifläche bei der Region löschen zu lassen, um eine Bebauung dort zuzulassen. Zudem fordert der Ortsrat eine Ausnahme vom Grundsatz „kommunales Bauland“ für das Projekt, um es nicht zu gefährden. „Meiner Meinung nach greifen wir dem Dorfentwicklungsplan damit vor“, betonte Anne Kollenrott (Grüne) und enthielt sich. Die Bürger müssten erst bestimmen, ob sie das Projekt wollten – auch wenn eine Löschung, die Aufstellung eines Bebauungsplanes und der Bau sich so über Jahre hinstrecken würden. „Das muss man dann aushalten.“
Der Rest des Ortsrates sah das anders. „Wir haben mit vielen Bürgern und Vereinen gesprochen“, sagte Löffler (SPD). Der Wunsch sei groß, diesen neuen Treffpunkt zu realisieren – und das schnell. „Das ist für mich kein Vorgriff, weil es garantiert eh so kommen würde.“
VON CARINA BAHL